Pflegegrad 1

Steht der Pflegegrad 1 vor dem Aus?

Die aktuelle Diskussion über die Abschaffung des Pflegegrads 1 ist Teil der Debatte um die finanzielle Stabilität der sozialen Pflegeversicherung. Der Pflegegrad 1 richtet sich an Menschen, die in ihrer Selbstständigkeit nur gering beeinträchtigt sind.

Das sind die Argumente für und gegen die Abschaffung des Pflegegrads 1:

Argumente FÜR die Abschaffung des Pflegegrads 1 Argumente GEGEN die Abschaffung des Pflegegrads 1
Kostensenkung: Die Pflegeversicherung steht finanziell unter Druck. Eine Streichung des Pflegegrads 1 könnte Einsparungen im Bereich von jährlich 640 Millionen bis zu 1,8 Milliarden Euro bringen, um die höheren Pflegegrade zu entlasten. Gefährdung der Prävention und Selbstständigkeit: Die Leistungen (z. B. Entlastungsbetrag, Wohnraumanpassung, Pflegekurse) ermöglichen es Betroffenen, länger selbstständig zu Hause zu leben. Dies beugt höheren Pflegegraden und einer teureren stationären Versorgung vor.
Verhältnismäßigkeit der Leistung:
Kritiker argumentieren, dass die Leistungen (z. B. 131 Euro Entlastungsbetrag) und die damit verbundenen Verwaltungs- und Begutachtungskosten in keinem angemessenen Verhältnis zur geringen Beeinträchtigung stehen und oft nur wenig konkrete Hilfe bei den Betroffenen ankommt.
Frühe Unterstützung bei beginnenden Einschränkungen: Der Pflegegrad 1 stellt eine wichtige Brücke dar, um Menschen mit beginnenden Einschränkungen (darunter viele mit Demenz) frühzeitig zu unterstützen und zu beraten. Die Abschaffung würde diesen Zugang verwehren.
Fokussierung auf Akutpflege: Durch die Einsparungen könnte eine stärkere finanzielle Fokussierung auf die höheren Pflegegrade erfolgen, in denen ein deutlich intensiverer Pflegebedarf besteht und die Belastung für die Angehörigen am größten ist. Entlastung pflegender Angehöriger: Leistungen wie der Entlastungsbetrag und kostenlose Pflegekurse unterstützen pflegende Angehörige direkt. Eine Streichung würde die Last und die Kosten für diese Familien erhöhen.
Neuausrichtung auf Prävention: Es wird vorgeschlagen, die eingesparten Mittel konsequent für präventive Ansätze zu nutzen, die außerhalb der Pflegeversicherung angesiedelt werden, um die Entstehung oder Verzögerung von Pflegebedürftigkeit stärker zu fördern. Falsches Signal und Sozialabbau: Sozialverbände kritisieren die Abschaffung als ein „fatales Signal“ und einen „Abbau des Sozialstaates“ auf dem Rücken der Schwächsten, da mehr als 860.000 Menschen direkt betroffen wären.

 

Hintergrund und Leistungen des Pflegegrads 1

Der Pflegegrad 1 wurde mit der Pflegereform 2017 eingeführt. Die wichtigsten Leistungen sind:

  • Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich (zweckgebunden für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag, ambulante Pflegedienste oder Tages-/Nachtpflege).
  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Zuschuss von bis zu 4.180 Euro für z. B. den Einbau eines Treppenlifts.
  • Pflegehilfsmittel: 42 Euro monatlich für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel.
  • Hausnotruf: Zuschuss von 25,50 Euro monatlich.
  • Beratung und Kurse: Anspruch auf Pflegeberatung und kostenlose Pflegekurse für Angehörige.

Die Befürworter der Abschaffung sehen vor allem die Kostensenkung im Fokus, während die Gegner betonen, dass die Leistungen des Pflegegrads 1 entscheidend dazu beitragen, eine Verschlechterung der Pflegesituation zu verhindern und Menschen länger in ihrer vertrauten Umgebung zu halten.